Die Standfigur des Nenju ist ein typisches Beispiel für die Privatplastik des späten Mittleren Reiches; dies trifft sowohl auf die Stilistik der Darstellung wie auch auf das gewählte Material Schiefer und seine perfekte Oberflächenglättung zu. Nenju ist stehend und gleichzeitig schreitend wiedergegeben, eine für Männerbildnisse charakteristische Darstellungsart seit Beginn des ägyptischen Kunstschaffens. Gerade und etwas steif aufgerichtet blickt Nenju scheinbar den Betrachter an. Sein Körper ist von unterhalb der Brust bis zur halben Höhe der Waden in einen langen glatten Schurz mit Überschlag gehüllt. Der Schurz wird nach unten zu etwas weiter und wölbt sich nach vorn vor. Die Arme lässt Nenju gerade am Körper herunterhängen, die Hände liegen flach seitlich auf dem Schurz. Dies kann als Gebetshaltung interpretiert werden. Nenjus Schädel ist rund und kahl geschoren, seine Ohren stehen etwas ab. Der Körper ist insgesamt zurückhaltend modelliert, das Gesicht zeigt keine betonten Alterszüge wie so viele Männerbildnisse der gleichen Zeit.
Standfestigkeit erhält die Figur durch eine rechteckige, kräftige Fußplatte. Auf ihrer Oberseite ist vor den Füßen Nenjus eine Inschrift in leicht eingeritzten Hieroglyphen angebracht. Sie enthält die Bitte um ein Totenopfer und benennt den Dargestellten als "Web-Priester des (Gottes) Min" namens Nenju.
(1) Ein Opfer, das der König gibt : ein Totenopfer (bestehend aus) Brot, Bier, Rindern und Geflügel für den Ka des Web-Priesters des (Gottes) Min Nenju, den Ini-ka-ef gezeugt hat.
Bibliographie
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