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Kerma

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Kerma ist ein Gebiet am Ostufer des Nil südlich des Dritten Kataraktes. In der Zeit von 1913-1916 entdeckte G.A. Reisner dort eine zuvor unbekannte sudanesische Kultur, die als Kerma-Kultur bekannt wurde. Die Ursprünge der Kerma-Kultur liegen noch immer weitgehend im Dunkeln. Wir wissen, daß die Kulturen der A- und der C-Gruppe und der Gruppen aus der Ostwüste, der Sahara und aus Oberägypten Einflüsse ausübten. Kerma lag in einer der fruchtbarsten Regionen des nubischen Niltales. Die Ökonomie beruhte auf Landwirtschaft und Tierzucht, aber noch bedeutender war die Lage an der Handelsroute zwischen Ägypten und dem restlichen Afrika.
Bereits im späten 4. Jahrtausend v. Chr. gab es in Kerma eine Siedlung. Im späten Alten Reich reisten ägyptische Händler bis zum 'Land Jam', womit wahrscheinlich das Gebiet der Kerma-Kultur gemeint ist, und die Inschrift des Herchuf läßt darauf schließen, daß es bereits ein wohlorganisiertes Königreich war, dessen Herrscher die Route kontrollierte, die von Ost- und Zentralafrika nach Norden führte.
Die Blütezeit der Stadt Kerma war die Zeit um 2400 v. Chr., und sie blieb weitere tausend Jahre lang bewohnt. Im Herzen der Stadt befand sich ein Bauwerk, das heute als Westliche Deffufa bekannt ist, eine örtliche Bezeichnung für einen Lehmziegelbau. Es handelte sich dabei wahrscheinlich um das wichtigste religiöse Gebäude in Kerma. Die Form erinnert an einen ägyptischen Tempel, da es aus einem turmartigen Bau mit einem rechteckigen Block dahinter besteht. Im Inneren der Deffufa gab es nur einen schmalen Korridor und eine Treppe, die auf das flache Dach führte. In der Zeit des Klassischen Kerma (um 1750-1600 v. Chr.) waren die Deffufa und ihre Werkstätten sowie andere Gebäude von einer Umfassungsmauer umgeben und bildeten so ein religiöses Viertel. Im Südwesten der Stadt gab es ein weiteres großes, rundes Gebäude, das vielleicht als königliche Audienzhalle diente.
Das Handwerk in Kerma stand auf einem sehr hohen Niveau, insbesondere in der Bronzebearbeitung und in der Fayenceherstellung. Auch schöne Schmuckstücke wurden dort hergestellt. Das charakteristischste Produkt Kermas ist jedoch seine Keramik, die von sehr hoher Qualität ist. In der Zeit des Klassischen Kerma wurden große Mengen von 'Tulpenbechern' hergestellt. Sie haben einen gewölbten Boden und einen auswärts geschweiften Rand, sehr dünne Wände und eine regelmäßige Form. Typisch ist das silbergraue Band, das den rötlichbraunen unteren Teil vom schwarzen Rand und Inneren trennt. Die schönsten Exemplare wurden gewöhnlich in den großen Tumulusgräbern gefunden. Diese waren mit der Zeit immer kunstvoller und reicher ausgestattet geworden, ein Hinweis auf den Wohlstand in Kerma. Die Gräber hatten die Form eines Hügels, unter dem sich eine Grabkammer befand, in der der Leichnam des Verstorbenen in schönen Gewändern und geschmückt auf ein Bett gelegt wurde.
Zur Zeit der ägyptischen Okkupation Unternubiens war Kerma die Hauptstadt des bedeutendsten afrikanischen Staates neben Ägypten und war den Ägyptern unter dem Namen Kusch bekannt. Aus den Maßnahmen, die die Ägypter ergriffen, um Unternubien zu einer Pufferzone zu machen, geht klar hervor, für welch große Bedrohung sie die Kuschiten hielten. Eine Grenzstele Sesostris' III. mag beleidigend für den Feind gewesen sein, sie ermahnt aber nichtsdestotrotz zu ständiger Wachsamkeit. Das Königreich von Kusch gelangte im späten 17. Jahrhundert v. Chr. an den Gipfel seiner Macht, als sich die Ägypter infolge innerer Konflikte und des Einfalls der Hyksos in das Delta aus Unternubien zurückziehen mußten. Die Kuschiten stießen nach Norden vor und besetzten die Festungen am 2. Katarakt sowie eine Anzahl anderer strategischer Positionen bis hin nach Assuan. Zu Beginn des Neuen Reiches eroberten König Ahmose und sein Sohn Amenophis I. Unternubien zurück. Das Herz des Königreichs von Kusch blieb bis zur Regierung Thutmosis' I. intakt, der die Macht von Kusch mit einem großen Feldzug in seinem zweiten Regierungsjahr brach und wahrscheinlich Kerma plünderte. Thutmosis kehrte daraufhin nach Hause zurück, wobei er die Leiche des Kuschitenführers, am Bug seines Schiffes befestigt, mit sich führte. Während der nächsten fünfzig Jahre brachen im Süden andauernd Rebellionen aus, und erst unter Thutmosis III. gelang es den Ägyptern, ganz Nubien vollständig zu unterwerfen.